Im Elternmagazin Fritz und Fränzi (2/Februar 2022) ist Virginia Nolan dieser Frage nachgegangen. Einige Aspekte aus diesem Dossier können Sie hier lesen:

Eine einheitliche Definition von psychischer Gewalt in der Erziehung gibt es nicht. Wissenschaftler sprechen von psychischer Gewalt, wenn Eltern

  • ihrem Kind durch Worte oder Gesten vermittelt, es sei wertlos, fehlerhaft und ungeliebt, oder ihm nur dann Zuneigung entgegenbringen, wenn es die Wünsche anderer erfüllt
  • es mit Erwartungen überfrachtet, die es nicht erfüllen kann
  • kindliche Bedürfnisse, etwas nach Zuwendung oder Trost, ignorieren
  • dem Kind offene Verachtung oder Zurückweisung signalisieren
  • verbale Gewalt anwenden, beispielsweise durch Drohen, Demütigen, Angstmachen oder Blossstellen
  • das Kind massivem Liebesentzug aussetzen, indem sie ihm sagen, sie hätten es nicht mehr gern, oder ihm über längere Zeit das Gespräch verweigern
  • das Kind Gewalt in der Paarbeziehung miterleben lassen

Im Rahmen der «Studie zum Bestrafungsverhalten von Eltern in der Schweiz», welche die Universität Freiburg im Auftrag von Kinderschutz Schweiz durchführte, zeigen sich Unterschiede in den Sprachregionen, was psychische Gewalt betrifft: So drohten Eltern in der Romandie und im Tessin ihren Kindern dreimal so häufig mit Schlägen, dagegen praktizierten sie in der Deutschschweiz doppelt so oft Liebesentzug.

Die Beherrschung behalten

Was kann Eltern helfen, im Clinch mit dem Nachwuchs auf Drohungen, Schimpftiraden, demütigende Worte oder die kalte Schulter zu verzichten? 7 Expertentipps zu einer gewaltfreieren Erziehung:

1. Alltagsstress reduzieren

Stress ist einer der häufigsten Auslöser für Gewalt in der Erziehung. Ein bewusster Umgang damit gehört zu de n wirksamsten Ansätzen, Gewalt entgegenzuwirken. Zeitdruck und Mental Load kann reduzieren, wer seine Prioritäten überdenkt und die To-do-Liste ausmistet: Was ist wirklich nötig, was darf auch mal liegen bleiben.

2. Erziehungsziele hinterfragen

Unsere Erziehungsziele prägen unseren Umgang mit dem Kind. Im Rahmen der «Studie zum Bestrafungsverhalten von Eltern aus der Schweiz» kann gezeigt werden, dass Eltern, die stark auf Verhaltenskontrolle setzen und Fleiss, Ordentlichkeit und Anpassungsfähigkeit als wichtigste Erziehungsziele erachten, ihre Kinder nachweislich öfter körperlich bestrafen als solche, deren primäre Erziehungsziele darin liegen, das Selbstbewusstsein des Kindes und seine Entfaltung zu fördern.

3. Die eigenen Grenzen wahren

Die Entfaltung des Kindes zu fördern, heisst nicht, seine Wünsche über die eigenen Bedürfnisse zu stellen. Es ist wichtig, dass Eltern ihre persönlichen Grenzen anerkennen und dem Kind gegenüber auch für diese einstehen, meint Annette Cina, Psychologin. Wer seine Grenzen permanent übergeht, um kindlichen Widerstand zu vermeiden, läuft irgendwann in Gefahr, zu explodieren.

4. Sich schlau machen

Ob Eltern das Verhalten ihres Kindes als störend und Massnahmen dagegen als nötig erachten, hängt nicht nur mit ihren Erziehungszielen zusammen, es hat auch damit zu tun, wie gut die Eltern über die kindliche Entwicklung informiert sind. Mehr Wissen darüber, wie viel Problemverhalten in welchem Alter normal ist, hilft, dem Kind mit realistischen Erwartungen zu begegnen, was Konflikte entschärfen kann, meint Dominik Schöbi von der Uni Fribourg.

5. Die eigene Rolle nicht überschätzen

Drei Hauptfaktoren prägen die Entwicklung des Kindes massgeblich. Einer davon ist neben seiner persönlichen Veranlagung und Umwelteinflüsse das Elternhaus. Als Mutter oder Vater kann ich nicht alles regeln. Dies ist kein Beleg für meine Unfähigkeit, es liegt in der Natur der Sache. Diese Einsicht sei hilfreich – gerade, wenn es darum gehe, turbulenten Momenten mit mehr Ruhe zu begegnen, meint Annette Cina.

6. Sich ein Time-out nehmen

Manchmal nützen alle guten Absichten nichts und die Emotionen kochen hoch. Was hilft?
Dann sollen die Eltern sich aus der Konfliktzone entfernen und dem Kind das so mitteilen: Ich brauche einen Moment, um mich zu beruhigen. Eine räumliche Trennung kann einen Kurzschluss verhindern, rät Markus Wopmann, pensionierter Chefarzt der Kinderklinik am Kantonsspital Baden.

7. Auch das Gute sehen

In herausfordernden Zeiten mit dem Nachwuchs tendieren Eltern dazu, ihren Blick vor allem auf Streitpunkte zu richten: die schlechten Noten, das unaufgeräumte Zimmer usw. die Psychologin Cina rät den Eltern sich zu vergegenwärtigen, was sie an ihrem Kind schätzen und als dessen Stärke betrachten. Es zeigt sich in solchen Momenten eben auch, dass vieles auch gut klappt. Diese wichtige Erkenntnis entlarvt den Trugschluss, dass alles schiefläuft, der im Umgang mit dem Kind viel destruktives Potenzial hat.

Anlaufstellen und Information:

Schweizer Elternnotruf 0848 35 45 55

Fachpersonen bieten während 24 Stunden kostenlos Beratung und Hilfe bei Erziehungsfragen, Konflikten und Krisen in der Familie – für Eltern, Familien und Bezugspersonen, per Telefon, E-Mail oder im persönlichen Gespräch. www.elternnotruf.ch

Pro Juventute Elternberatung 058 261 61 61

Die Elternberatung von Pro Juventute unterstützt Mütter und Väter kostenlos bei kleinen und grossen Sorgen in Sachen Erziehung, Entwicklung, Betreuung und Familienorganisation – rund um die Uhr per Telefon sowie per Chat oder E-Mail. www.projuventute.ch/de/elternberatung

Schulsozialarbeit der Primarschule Niederhasli

Für die Schuleinheit Rossacker: Patrick Gäumann, 044 444 34 98
Für die Schuleinheit Linden: Silvan Schmid, 043 411 10 59
Für die Schuleinheit Zentral: Damaris Jäger und Jonas Lüthi, 043 411 10 42